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Bartels, Dominik - Bruderkuss
Titel: Bruderkuss
Originaltitel:
Verlag: BlauLicht Verlag
Erschienen: 2009 / 01
ISBN-10: 3941552007
ISBN-13: 978-3941552005
Seiten: 261
Einband: PB
Serie:
Autorenportrait:
HP des AutorsDer Autor wurde im Dezember 1973 an der pommerschen Ostseeküste in Wolgast geboren. Durch die sportlichen Ambitionen des Vaters (Fußballer in der 2.Liga) zog die Familie kreuz und quer durch die Republik. Den überwiegenden Teil seiner Kindheit und Jugend verbrachte Bartels im thüringischen Bad Langensalza, bevor die Familie im Sommer 1990 in das niedersächsische Helmstedt übersiedelte. Lange hielt es den Autor jedoch zunächst nicht in der berühmten Grenzstadt. Bereits zwölf Monate später, im zarten Alter von 17 Jahren, verließ er das elterliche Haus. Es folgte eine einjährige Odyssee mit allerlei Jobs und dubiosen Aufenthaltsorten. In dieser Zeit lebte er auch für einige Monate im nordirischen Derry. Nach seiner Rückkehr überredete ihn dann sein Vater das bereits begonnene Abitur zu beenden. 1994 erreichte er die Hochschulreife und absolvierte im Anschluss ein Studium an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Braunschweig.
Inhaltsangabe:
Klappentext des BuchesNach mehr als zehn Jahren kehrt Paolo Wagner in seine Geburtsstadt Bad Langensalza zurück. Es ist auch die Rückkehr an den Ort eines schrecklichen Verbrechens. Wenige Monate vor dem Mauerfall wird seine damals 18 jährige Schwester Katrin an der innerdeutschen Grenze erschossen aufgefunden. Niemand kann sich erklären, unter welchen Umständen das Mädchen in die streng bewachte Zone gelangt war. Keiner glaubt ernsthaft daran, dass Katrin die DDR verlassen wollte. Doch das Ministerium für Staatssicherheit brandmarkt die junge Frau nach ihrem Tod als Republikflüchtling, verhaftet den Vater wegen angeblicher Mitwisserschaft und setzt die gesamte Familie mit perfidesten Methoden unter einen enormen psychischen Druck. Als die Strategie des Geheimdienstes schließlich aufgeht, interessiert sich zunächst niemand mehr für die offensichtlichen Ungereimtheiten dieses Todesfalls. Paolos Suche nach der Wahrheit beginnt mit einer mysteriösen Begegnung…
Meine Meinung
Dieses Buch habe ich mit einer sehr hohen Erwartungshaltung in die Hand genommen, da mich das erste Buch von Dominik Bartels schlichtweg begeistert hat.
Ich kann vorwegnehmen, dass mich Dominik Bartels auch mit diesem Werk wieder fesseln konnte.
Leider ist dieses Buch mit den Maßen 22 X 14 cm wieder etwas unhandlich. Es ist jedoch sehr gut lesbar gedruckt. Der Preis von 14,90 € stößt bei mir allerdings schon an meine Schmerzgrenze.
Wie der Klappentext schon verrät, kehrt Paolo nach langer Abwesenheit aus dem Ausland in seine Geburtstadt zurück und beantragt nach einiger Zeit Akteneinsicht in die Stasiakte seiner Schwester, wenn denn eine existiert.
Aber er wird auf eine Geduldsprobe gestellt, bis endlich Antwort vom Amt kommt. Es stellte sich heraus, dass wirklich eine Akte existiert und Paolo geht mit sehr gemischten Gefühlen dort hin um Einsicht zu nehmen. Erst denkt Paolo, dass er kein Recht habe so tief in die Bereiche seiner Schwester einzutauchen, aber was er dann in dieser Akte zu lesen bekommt, auch wenn diese sehr unvollständig war, macht ihn einfach nur wütend. Und somit beginnt für Paolo eine Reise die er wohl am liebsten nicht angetreten hätte. Aber nun gab es kein Zurück mehr für Paolo, der die Lügen über seine Schwester nicht auf sich beruhen lassen will.
Der Autor hat wieder einen Schreibstil dem ich mich nicht entziehen konnte. Mit jedem Satz stand ich mitten in der Geschichte und habe Paolo bei seiner Odyssee begleitet. Seine Gedanken und seine seelische Verfassung wurden regelrecht plastisch.
Ich habe mit Paolo getrauert, habe seine Wut gefühlt und konnte seine Ohnmacht spüren. Eine so feinfühlig geschriebene Geschichte habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Das Buch aus der Hand zu legen glich einer Strafe. Mit jedem Kapitel lernt man Paolo und seine Familie besser kennen, bis man denkt diese Familie wirklich gekannt zu haben.
Mit jedem Schritt den Paolo weiter kommt bei seiner Suche werden einem diese undenkbaren Machenschaften der Staatssicherheit klarer.
Mir wollte fast der Atem stocken.
Aber auch diese Kleingeistigkeit der Mitmenschen in der unmittelbaren Umgebung der Familie, die alles für bare Münze nehmen was ihnen die Stasi vorlügt und damit systematisch eine Familie zerstören will.
Schonungslos beschreibt der Autor die Einschüchterung der Menschen, die in diesem Fall eine wahrheitsgetreue Schilderung der Dinge in ihren Berichten geschrieben haben, bis es dann so war wie die Stasi es gerne hätte. Auch an Drohungen um Leben und Familie wurde nicht gespart.
Dieses Ministerium wusste sehr genau wie es das bekommt, was es gerne hätte.
Fazit:
Dieses Buch werde ich so schnell nicht wieder vergessen.
Dominik Bartels hat es mir wieder gezeigt, dass er für mich zu den ganz großen Schriftstellern gehört.
Dieses Buch bekommt von mir
Liebe Grüße von Netha
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Paolo kann sich nicht mit dem Gedanken abfinden, dass seine Schwester wenige Monate vor der Maueröffnung bei der Republikflucht erschossen wurde. Er beantragt Einsicht in die Stasi-Akten und findet seine Ahnungen bestätigt. Die brisantesten Seiten wurden jedoch aus der Akte entfernt. Also macht er sich auf die beschwerliche Suche nach der Wahrheit.
Mit großer Spannung habe ich ihn bei dieser Suche begleitet. Die Geschichte, die auf einem wahren Fall beruht, hat mich sehr nachdenklich gemacht. Mir als Westdeutsche war nicht bewusst, welche Mittel die Stasi einsetzte, um Menschen zu manipulieren und Dinge, die dem sozialistischen Staat schaden könnten, zu vertuschen. Oft musste ich das Buch beiseite legen und das Gelesene verdauen.
Besonders bewegt hat mich die Geschichte von Paolos Eltern. Die Stasi hatte damals Gerüchte über den Vater verbreitet, von denen alle wussten, nur der Vater selbst nicht. Als ihm dieser Umstand nach über zehn Jahren klar wird, bricht für ihn eine Welt zusammen.
Trotz des ernsten Themas versteht es Dominik Bartels jedoch, immer wieder ein paar lustige Szenen, z.B. mit Paolos Kumpel Sven, einzustreuen. Auch die philosophische Gedanken zu Themen wie z.B. Beziehungen oder Reisen haben mir sehr gut gefallen und mich von meiner Fassungslosigkeit abgelenkt.
Die Sprache des Autors ist sehr ausgefeilt, man merkt, dass er sein Handwerk versteht. Es war eine Freude, seine Sätze zu lesen.
Besonders erwähnenswert finde ich die Gestaltung des Covers: In der Mitte prangt in roten Lettern der Titel Bruderkuss und drum herum sind die Teile einer russischen Matrjoschka, einer Schachtelpuppe, angeordnet. Dieses Bild passt sehr gut zum Inhalt des Buches.
Auch dieses Werk ist, wie Bettina Sternbergs „Neumärker 5“, aus dem Blaulicht-Verlag, einem noch ganz jungen Verlag aus Helmstedt. Ich werde diesen Verlag, genau wie den Autor Dominik Bartels, auf jeden Fall im Auge behalten. Bruderkuss hat mir so gut gefallen, dass ich mir gleich das Erstlingswerk des Autors „Black Taxi“ bestellt habe.
Auch von mir gibt es die volle Anzahl von Sternen:
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Paolo Wagner hat nach der Wiedervereinigung seine Heimatstadt in der ehemaligen DDR verlassen. Kurz zuvor war seine Schwester bei der Republikflucht erschossen worden.
Nach über 10 Jahren kehrt Paolo wieder zurück in seine alte Heimat. Er möchte das Geheimnis lüften, das hinter dem Tod seiner Schwester steckt. Die vielen Ungereimtheiten und Unstimmigkeiten sind offensichtlich.
Es war mein erstes Werk dieses Autors und ich bin von diesem Buch begeistert, auch wenn es sich um ein trauriges Thema handelt. Ich konnte mir die Geschehnisse und auch die Charaktere sehr gut vostellen.
Das System der Staatssicherheit wurde am Beispiel dieser Familie sehr realistisch dargestellt und ich fand es erschreckend. Diese ausgeklügelten Machenschaften sind für mich als „Wessi“ schier unvorstellbar. Ich habe zwar schon davon gehört, aber so detailgetreu darüber zu lesen war eine ganz neue Erfahrung. Genau so könnte jede beliebige Familie durch Akteneinsicht der Stasi-Unterlagen eine ungeheuerliche Manipulation aufdecken. Und genauso kann dadurch alles zerstört werden, an das man bisher glaubte. Das gleicht einer Verschwörung. Es wird nicht anklagend darüber geschrieben, sondern objektiv. Ich war überrascht, daß Paolo das System sogar hinterfragt und die positiven Seiten sieht. Es gab nicht auf alle Fragen eine richtige Antwort. Manches wurde als wahrscheinlich betrachtet, weil es keine Beweise gab.
Es war erschreckend, wie die Menschen manipuliert, angelogen, gefoltert, gezwungen und benutzt wurden. Durch ein Gerücht werden Familien zerrüttet, durch Lügen Freundschaften zerstört und durch Manipulation fragliche Todesfälle verharmlost. Daß eine Staatsmacht solche Möglichkeiten hat – oder in diesem Fall glücklicherweise hatte – ist erschreckend!
Fazit:
eine tragische Geschichte über die üblen Machenschaften in der ehem. DDR!
22.08.2011 - 221
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