Zan, Koethi: Danach

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16 Mai 2013 06:20 - 06 Jan. 2024 13:36 #1 von Tuppi
Zan, Koethi: Danach wurde erstellt von Tuppi
Autor: Koethi Zan
Titel: Danach
Originaltitel: The Never list (2013)
Verlag: Fischer Scherz
Erschienen: 16.05.2013
ISBN-10: 3651000451
ISBN-13: 978-3651000452
Seiten: 445
Einband: Taschenbuch
Preis: 14,99 €
Serie: -

Autorenportrait:

Koethi Zan stammt aus Alabama und hat in Yale Jura studiert. Sie arbeitete als Anwältin für Film, Fernsehen und Theater, zuletzt beim Musiksender MTV. Heute konzentriert sie sich ganz auf das Schreiben und hat bereits zahlreiche Ideen für weitere Thriller. Koethi Zan lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Hudson im Bundesstaat New York.

Buchinnenseite

Inhaltsangabe:

Du denkst, du hast das Schlimmste überlebt.
Doch das wahre Grauen beginnt jetzt - DANACH.
"In den ersten 32 Monaten und 11 Tagen unserer Gefangenschaft waren wir dort unten zu viert. Und dann nur noch drei. Es war still im Keller, und wir fragten uns, wer wohl als Nächstes dran sein würde."

Klappentext

Meine Meinung:
Sarah und Jennifer wurden als Jugendliche Opfer eines Autounfalls und sind seitdem traumatisiert. Als Studentin wurden sie entführt und 3 Jahre lang in einem Keller gefangen gehalten. Was aus Jennifer wurde, weiß Sarah nicht, sie hat sie seither nicht mehr gesehen und auch nichts mehr von ihr gehört. Sie ist irgendwann verschwunden. Sarah versucht, mit ihrem Leben zurecht zu kommen. Nach 10 Jahren soll der Entführer auf Bewährung wieder rauskommen. Also muss Sarah sich ihrer Vergangenheit stellen.

Ich war von dem Buch gefesselt. Es ist erschreckend, zu was Menschen fähig sind und was sie unter dem Deckmantel der Wissenschaft als Forschungsobjekte tarnen. Die Hintergründe waren schier unvorstellbar. Das Buch ist aus Sicht der Opfer geschrieben und ich wurde nach und nach in eine schreckliche Zeit der Gefangenschaft mitgenommen. Und auf dieser Reise kamen weitere Geschehnisse ans Licht, mit denen ich nicht gerechnet hätte. Aber genau so könnte es wirklich passieren - und das ist erschütternd. Das Ende war nachvollziehbar, aber ich hätte es mir etwas ausführlicher gewünscht. Alles in allem muß ich sagen: nichts für schwache Nerven!

Fazit:
erschreckend realistisch.
:****:


04.02.2013 - 326

Viele Grüße Nicole

EIN TAG OHNE LESEN IST KEIN GUTER TAG!
Letzte Änderung: 06 Jan. 2024 13:36 von Tuppi.

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16 Mai 2013 08:35 #2 von Henriette
Dann darf ich ja auch:

Meine Meinung

Seit zehn Jahren läßt Sarah Faber es nicht mehr los. Sie kann ihre Wohnung nicht mehr verlassen. Sie trifft keine Menschen, geht nicht zur Arbeit. Denn sie wurde mit drei anderen Mädchen gefangen gehalten, in einem Keller, nackt. Sie hat überlebt, so wie Tracy und Christine, doch ihre beste Freundin Jennifer nicht.

Jetzt soll Jack Derber, ehemals sehr angesehener Universitätsprofessor, soll vor ein Bewährungsausschuß. Sarah ist überwältigt von den Erinnerungen, und kann das nicht begreifen, will es nicht wahrhaben.
Der Kontakt zu Jack war nie abgebrochen, denn er hat ihnen immer noch Briefe geschrieben.
Sarah mobilisiert Tracy, um zu verhindern, dass Jack aus der Haft entlassen werden könnte. Sie dringt mit Tracy in die Vergangenheit ein. Christine will erst nichts mit der Vergangenheit zu tun haben, doch auch sie gelangt zu dem Entschluss, dass Jack nicht entlassen werden darf.
Und am Ende erleben die Drei eine böse Überraschung. Kann alles wieder in geordnete Bahnen laufen? Werden die jungen Frauen genug Beweise gegen Jack finden, damit er im Gefängnis bleiben muss?

Koethi Zan ist ein hervorragendes Debüt gelungen. Dies ist wirklich ein Thriller und das noch nicht einmal mit viel Blut. Koethi Zan hat es geschafft, meine Phantasie zu mobilisieren. Es war Spannung pur.
Erschreckend ist, dass dieses Szenario sehr realistisch dargestellt wurde.
Begeistert war ich von dem Schreibstil. Es war leicht zu lesen, fesselnd, spannend.
Leider war ich durch eine starke Erkältung nicht in der Lage lange zu lesen. Ich musste sorgsam mit meiner Lesezeit haushalten, dann ich hatte eigentlich Schwierigkeiten, meine Neugier zu zügeln.
Jemand, der intensiv das Geschriebene mit erlebt, sollte mit Vorsicht an das Buch gehen. Es ist nicht unbedingt etwas für schwache Nerven.

Fazit: Für diese gute und spannende Unterhaltung vergebe ich gern fünf von fünf Sternen. Ich hoffe, dass es bald mehr Bücher von Koethi Zan gibt. Die Autorin hat mich überzeugt.

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19 Mai 2013 15:59 #3 von goat
goat antwortete auf Zan, Koethi: Danach
Meine Meinung:

Auf den ersten Blick wirkt das Cover sehr schlicht. Ein paar straff gezogene Seile zieren es. Die helle Farbe der Seile wird jedoch stellenweise durch einen kräftigen Rotton unterbrochen, der ganz eindeutig auf Blut hinweist und den Titel des Buches „Danach“ bildet. Daraus geht ganz klar hervor, dass es sich keineswegs um einen normalen Roman handelt. Dabei legt dieser Thriller weniger Wert auf blutige Details als auf die Beschreibungen, was eine Entführung an psychischen Schäden bei einem Menschen hinterlässt. „Danach“ ist ein sehr gelungenes Debüt einer vielversprechenden Autorin.

Drei Jahre verbringt die junge Sarah Farber in einem Kellerverlies, nachdem ein irrer Psychopath sie und ihre Freundin Jennifer verschleppt hat. Dabei waren gerade die beiden Freundinnen immer besonders vorsichtig. Bedingt durch einen Autounfall, den Jennifers Mutter verursachte, und der sie das Leben kostete, wurde es für die beiden Freundinnen eine regelrechte Manie, eine Liste mit Beweisen für die menschliche Verwundbarkeit zu füllen. Von Unfällen über Krankheiten, wie zum Beispiel Krebs, kamen sie auch zu Menschenraub, Vergewaltigung und Mord. Bereits im Alter von sechzehn Jahren war ihre Paranoia so groß, dass die Vorstellung, ihre gemeinsame Dachwohnung zu verlassen, um im Sommer auf die Uni zu wechseln, ein so großes Unbehagen bereitete, dass eine sogenannte „Niemals-Liste“ angefertigt wurde. Diese Liste bestand aus Dingen, die sie zum Schutz ihres Lebens niemals tun durften, wie zum Beispiel weiter als sechs Parkplätze vom Zielort entfernt zu parken, einem Fremden bei einer Reifenpanne zu helfen oder alleine abends in die Unibibliothek zu gehen. Ihre Geburtstagsgeschenke bestanden bereits damals aus Pfefferspray, Taschenlampen und anderen Sicherheitsvorkehrungen, an die ein normaler Teenager nicht einmal einen Gedanken verschwenden, geschweige denn sich zum Geburtstag schenken lassen würde.

Doch auch die noch so großen Vorsichtsmaßnahmen konnten letztlich verhindern, was an dem Abend nach Ende einer großen Privatparty außerhalb des Campus geschah. Pflichtbewusst riefen die beiden ein Taxi und wurden gegen Mitternacht von einer schwarzen Limousine abgeholt, die sie aber keineswegs auf direktem Weg nach Hause brachte, sondern geradewegs zu besagtem Keller, der von nun an drei Jahre lang ihr neues Zuhause werden sollte. Als Sarah nach einer kurzen Betäubung in dem Keller wieder erwacht, stellt sie fest, dass außer ihr noch zwei weitere Mädchen nackt und abgemagert an eine Wand gekettet sind. Von Jennifer ist in diesem Augenblick nichts zu sehen. Aber eine in der Mitte des Raumes befindliche Transportkiste, aus der Klopfzeichen zu hören sind, bestätigt schon bald, welches Domizil Jennifer für den Rest ihrer Zeit bezogen hat.

Dreizehn Jahre später: Sarah lebt mittlerweile unter einem anderen Namen in New York und ist als Versicherungsmathematikerin tätig. Sie glaubt, das Trauma von damals überwunden zu haben, lebt jedoch wie eine Gefangene in ihrer eigenen Wohnung. Von dort geht sie ihrer Arbeit nach, und auch die Lebensmittel lässt sie sich direkt dorthin liefern. Selbst die regelmäßigen Sitzungen mit einer Therapeutin haben an ihrem Einsiedlerleben nichts ändern können. Als jedoch eines Tages Agent Jim McCordy vor ihrer Tür steht und ihr mitteilt, dass ihr Peiniger in vier Monaten auf Bewährung freikommen soll, fällt Sarahs errichtete Festung wie ein Kartenhaus zusammen. Eine zehnjährige Gefängnisstrafe für eine Anklage wegen Entführung, denn für eine Mordanklage gab es nicht genügend Beweise. Noch immer fehlt die Leiche von Jennifer. Einzig eine Opfererklärung über die Folgen der Tat von den noch drei verbliebenen Opfern könnte eine vorzeitige Haftentlassung verhindern. Doch nur eine der drei Frauen ist bereit, noch einmal über die Vergangenheit zu reden. Jim McCordy sieht ein, dass er seine Taktik ändern muss, und nutzt Sarahs wunden Punkt, um sie zur Mitarbeit zu bewegen: „Ihre beste Freundin, Sarah. Ihre beste Freundin. Tun Sie es für Jennifer.“ Ab hier beginnt Sarahs Weg zurück in ihre grausame Vergangenheit …

Die Reise in Sarahs Vergangenheit war für mich ebenso spannend wie auch erdrückend. Koethi Zan versteht es, mit ihrem Schreibstil eine Art Beklemmung entstehen zu lassen. Die Beschreibungen vom Martyrium der vier Mädchen sind so authentisch, dass mich dieses grausames Szenario so entsetzt hat, dass es mich gleichermaßen abgestoßen wie auch angezogen hat. Ich konnte mich aber einfach nicht abwenden. Die Autorin hat Sarah als Hauptperson auserkoren. Aus ihrer Sicht ist die Geschichte geschrieben. Die Ich-Form macht das ganze Ausmaß dieser Qualen im Keller noch um einige Nuancen realer. Es sind Kleinigkeiten im Alltag, die Sarah Mühe bereiten. Ihr ganzes Handeln ist nur noch auf das Geschehen im Verlies ausgerichtet. Sie zieht danach extra in eine Großstadt, in der es vor Menschen nur so wimmelt, weil sie der Meinung ist, dass es unter all diesen Menschen jemanden geben müsste, der sie hört, wenn sie um Hilfe ruft. Sie zieht in einen Wohnblock, in dem es einen Pförtner gibt, um nicht selber aussortieren zu müssen, wen sie in die Wohnung lässt und wen nicht. Sie lebt ihr Leben quasi nicht mehr selber, sondern lässt es von anderen Menschen leben, die für sie einkaufen, weil sie sich nicht mehr vor die Haustür traut. So etwas zu lesen, hat mich wütend gemacht. Wütend auf einen Täter, der mit einer zehnjährigen Strafe davon kommt, nachdem er das Leben dreier Mädchen für immer zerstört hat.

Nachzuempfinden, was im Kellerverlies geschehen ist, hat mich emotional sehr aufgewühlt. Dabei sind nicht die körperlichen Schmerzen das Schlimmste, was diesen Mädchen zugefügt wurde. Weitaus schlimmer sind die seelischen Schäden. Die Frage, warum gerade Sarah die Protagonistin ist, erübrigt sich von selber. Sie ist diejenige, die am meisten aushalten musste. Sie hatte nicht nur ihren eigenen Schmerz zu ertragen, sondern musste auch noch fertig werden mit dem, was dieser Psychopath ihrer besten Freundin Jennifer angetan hat. Die Vorstellung, drei Jahre in einem Verlies zu leben ist schon schlimm genug – aber zusehen zu müssen, wie die beste Freundin in eine Holzkiste gesperrt ist, völlig abgeschottet von äußeren Reizen, nicht in der Lage mit jemandem über sein Leid sprechen zu können, das ist unvorstellbar.

Der Leser kennt den Psychopaten, weiß, dass er Jack Derber heißt und Psychologielehrer von Christine, einem der Opfer, ist. Die ganze Zeit habe ich darüber nachdenken müssen, was in so einem Gehirn vor sich geht. Warum genügt es diesem Mann nicht, was er den Mädchen antut, wieso muss er immer noch einen Schritt weitergehen? Wieso konfrontiert er Sarah mit dem Tod ihrer besten Freundin und sagt ihr nicht, wo die Leiche ist? Noch während der Zeit im Gefängnis spielt er ein Katz und Maus-Spiel. Er schreibt seinen Opfern Briefe, verhöhnt sie, gibt ihnen Rätsel auf und prophezeit ihnen, bald wieder „zu Hause“ zu sein. Was damit gemeint ist, werde ich natürlich nicht verraten - ebenso wenig, wie der für mich absolut überraschende Ausgang der Geschichte …

„Danach“ ist definitiv lesenswert. Über die Tatsache, dass Agent McCordy geflissentlich über Sarahs eigenmächtigen Nachforschungen hinwegsieht, was im realen Leben niemals passieren würde, habe ich mich schon sehr gewundert. Auch Sarahs Wandlung von einer Frau, die sich nicht vor die Haustür traut in eine private Ermittlerin habe ich nicht so ganz nachvollziehen können. Trotzdem war ich so begeistert von diesem Thriller, dass dies für mich kein Grund ist, die Bewertung deswegen herabzusetzen. Koethi Zan hat mich auf ganzer Linie überzeugt und ich hoffe, in Zukunft noch viel von ihr lesen zu können. Fünf Sterne für ein gelungenes Debüt.

:*****:

Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig.

Ernst Reinhold Hauschka

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