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Glaesener, Helga - Die Vergolderin
Titel: Die Vergolderin
Originaltitel: -
Verlag: List
Erschienen: 11. März 2011
ISBN-10: 3471300074
ISBN-13: 978-3471300077
Seiten: 460
Einband: Gebundene Ausgabe
Serie: -
Preis: 19,99 €
Autorenportrait:
Quelle: VerlagsseiteHelga Glaesener wurde in Niedersachsen geboren und studierte in Hannover Mathematik. Im Trubel ihrer fünfköpfigen Kinderschar begann sie 1990 mit dem Schreiben historischer Romane, von denen gleich der erste zum Bestseller avancierte. Sie lebt seit 2010 in Oldenburg.
Inhaltsangabe:
Quelle: VerlagsseiteBraunschweig, 1604: Auf der Flucht vor Plünderern wird Elisabeth von einem geheimnisvollen Blinden gerettet. Doch ihr Herz gehört einem anderen. In der aufblühenden Handelsstadt Braunschweig arbeitet sie heimlich als Vergolderin. Ihr Geschick bringt ihr viele Aufträge, aber auch den Zorn ihres Großvaters ein, denn Frauen ist das Handwerk untersagt. Einer der mächtigsten Gildemeister hat es auf Elisabeth abgesehen und stellt ihr nach. Als sie sich wehrt, droht er ihr. Da begegnet sie ihrem Retter wieder. Kann er ihr auch diesmal helfen?
Meine Meinung
Ein großer Teil meiner Bücher sind Krimis oder Thriller. Doch zwischendurch brauche ich auch mal etwas, wo ich abschalten kann. Hierzu eignen sich am Besten historische Romane. Aus diesem Grund muss ich nicht lange überlegen und entschied mich für Helga Glaeseners neuen Roman „Die Vergolderin“. Obwohl die Autorin schon einiges an Büchern herausgebracht hat, war dies mein erstes von ihr. Die Aufmachung des 459 Seiten starken Hardcovers ist ganz nett. Wie bei vielen anderen historischen Romanen, in denen es um Frauen in Männerberufen geht, ist auch hier eine Frau mit den berufstypischen Werkzeugen abgebildet. Das Cover ist von den Farben her eher etwas zurückhaltend. Aber der Titel des Buches ist fein herausgearbeitet. Die goldfarbenen Buchstaben kann man beim Lesen sogar fühlen, weil sie leicht hervorgehoben sind. Etwas ärgerlich finde ich, dass es wieder mal kein Lesebändchen gibt. Bei einem Preis von 19,99 € sollte man das eigentlich schon erwarten können.
Aber nun zum Inhalt des Buches: Im Jahr 1602 wird die Familie Weißvogel aus Osnabrück vertrieben. August Weißvogel, einst ein angesehener Goldschmied, hat sich der Fälscherei schuldig gemacht. Mit ihren drei Kindern ziehen August und Maria Weißvogel quer durch ein Land, in dem sie längst als Gesindel gelten und mit Abfall und Steinen beworfen und bespuckt werden. Nach 73 Tagen, in denen der Hunger und der Frost ein ständiger Begleiter sind, sucht August Weißvogel sich wieder einmal den leichtesten Weg aus der Misere und erhängt sich in einer Scheune. Seine Frau Maria, die selber schwer krank ist, stirbt kurz darauf, nicht ohne ihrer Tochter Elisabeth das Versprechen abzunehmen, sich auf den Weg zu ihrem Großvater nach Braunschweig zu machen und gut für ihre Geschwister zu sorgen.
Franz Weißvogel, der seinen Sohn nie leiden konnte, nimmt die drei Kinder nur widerwillig in seinem Haus auf, profitiert aber recht bald von Elisabeths Talent des Vergoldens. Als sich die Folgen des Alters auf Franz seine Arbeit auswirken, springt Elisabeth immer häufiger ein und gibt ihre Arbeiten als die ihres Großvaters aus. Alles andere wäre auch undenkbar, denn Frauen hatten zu dieser Zeit kein Recht, einen Beruf auszuüben. Um sich und ihre Geschwister mehr schlecht als recht durchs Leben zu bekommen, wird sie von ihrer großen Liebe Berthold Stammer unterstützt. Dieser war damals an Elisabeths Vater heran getreten, um bei ihm um ihre Hand anzuhalten, die ihm jedoch verwehrt wurde. Ein folgenschwerer Fehler, denn damit hätte Elisabeth nach dem Vorfall mit ihrem Vater zumindest ein gesichertes Heim gehabt. Nun ist Berthold mit einer schwerkranken Frau verheiratet, die er nicht liebt und hofft noch immer, Elisabeth eines Tages zu seiner Frau machen zu können. Um ihr in der schwierigen Zeit unter die Arme zu greifen, macht er sich oft auf den Weg von Osnabrück nach Braunschweig, um ihr Blattgold zu überbringen, welches Elisabeth dazu nutzt, um Spiegelrahmen zu verzieren. Diese Rahmen verkauft Berthold weiter und überlässt Elisabeth den Gewinn. Diese spart das Geld, wie sie es ihrer Mutter versprochen hat, um ihrem Bruder eine Lehre bezahlen zu können und ihrer Schwester eine Mitgift.
Als Elisabeth eines Tages von einer solchen Übergabe auf dem Weg nach Hause ist, muss sie im Wald vor ein paar Männern flüchten. Kurz bevor sie im Unterholz entdeckt wird, zieht ein junger Mann sie von hinten in eine Höhle und rettet ihr damit das Leben. Der blinde Mann mit dem Namen Martin Clavius, ist ein wohlhabender Kaufmann und sein Halbbruder, ein mächtiger Gildemeister trachtet ihm nach seinem Leben. Plötzlich steckt Elisabeth nicht nur inmitten einer Familienfehde, sondern muss sich auch noch zwischen Martin und Berthold entscheiden. Wird sie die richtige Entscheidung treffen?
Mich hat der Erzählstil von Helga Glaesener gleich mitgerissen. Es ist ihr sehr gut gelungen, ihre Charaktere authentisch zu gestalten. Von Beginn an, konnte ich mit Elisabeth fühlen und die schwere Last, die ihre Eltern ihr aufgebürdet haben, war schon enorm für ein so junges Mädchen. Das Verhältnis zu ihrer Schwester Marga allerdings, konnte ich oft nicht nachvollziehen. Marga ist ein sehr kritisches und schwieriges Mädchen. Die Eifersucht nagt an ihr, weil eigentlich sie in Berthold verliebt war und es nicht ertragen konnte, dass dieser sich an Elisabeth hielt. Dass Marga ihr deswegen das Leben schwer macht, hat Elisabeth in meinen Augen einfach zu leicht hingenommen. Selbst als sie von Marga verraten wird, ist Elisabeth ihr immer noch nicht böse und sucht unentwegt nach Entschuldigungen. Ich hätte an ihrer Stelle schon lange den Kontakt abgebrochen – Versprechen an die Mutter hin oder her.
Etwas enttäuscht war ich darüber, wie Elisabeth sich zwischen den beiden Männern entscheidet. Das Ganze kam wie aus heiterem Himmel und passte so gar nicht zu dieser ansonsten sehr durchdachten und detaillierten Geschichte. Das war mir etwas zu überstürzt. Damit hätte die Autorin gut noch fünfzig Seiten füllen können.
Positiv fand ich, dass im Gegensatz zu vielen anderen historischen Romanen, der Beruf eher in den Hintergrund gerückt ist. Man erfährt nur das Nötigste über das Vergolden und wird nicht mit langen Erklärungen genervt. Im Vordergrund steht die Beziehung von Elisabeth zu ihren Geschwistern oder den beiden Männern, die sie liebt. Natürlich verrate ich nicht, für wen sie sich entscheidet …
Nach einem absolut gelungenen Roman, würde ich gerne mehr von Helga Glaesener lesen. Als Krimifan liebäugle ich natürlich auch schon mit ihren Ostfriesenkrimis, die sie unter dem Pseudonym Tomke Schriever verfasst hat. Und da ich selber im schönen Ostfriesland wohne, sind diese wohl Pflichtlektüre für mich. Für „Die Vergolderin“ gibt es jedenfalls fünf Sterne von mir.
Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig.
Ernst Reinhold Hauschka
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