Schmöe, Friederike - Fliehganzleis (2. Fall Kea-Laverde-Reihe)

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26 Aug. 2009 10:10 #1 von Zabou1964
Autor: Friederike Schmöe
Titel: Fliehganzleis
Originaltitel:
Verlag: Gmeiner Verlag
Erschienen: Juli 2009
ISBN 10: 3839210127
ISBN 13: 978- 3839210123
Seiten: 327
Einband: TB
Serie: 2. Fall Kea-Laverde-Reihe

Autorenportrait:

Friederike Schmöe wurde 1967 in Coburg geboren. Heute lebt sie in Bamberg. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit ist die habilitierte Germanistin als Dozentin an den Universitäten in Bamberg und Saarbrücken beschäftigt. Mit Katinka Palfy, der kultigen Heldin ihrer ersten acht Romane, hat sie sich in der Krimiszene längst einen Namen gemacht. „Fliehganzleis“ ist nach „Schweigfeinstill“ der zweite Band ihrer neuen Krimiserie um die Münchner Ghostwriterin Kea Laverde.

Quelle: Gmeiner Verlag

Inhaltsangabe:

Larissa Gräfin Rothenstayn, die in der DDR aufwuchs und 1975 in den Westen fliehen konnte, bittet die Münchner Ghostwriterin Kea Laverde, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. Dann wird sie in ihrem Schloss in Unterfranken von einem Unbekannten schwer verletzt, die Polizei spricht von versuchtem Mord.

Quelle: Gmeiner Verlag

Meine Meinung:

Aufmerksam geworden auf diesen Krimi von Friederike Schmöe, bin ich durch das Thema. Ich bin sehr interessiert an der deutsch-deutschen Vergangenheit. Das ansprechende Äußere des Paperbacks zeigt einen Kieselstrand. Die Verarbeitung des Buches ist sehr gut und die Papierstärke angenehm dick, was den verhältnismäßig hohen Preis von € 11,90 für mich rechtfertigte.

Im Prolog wird das Ertrinken eines Mädchens im Juli 1968 geschildert. Das neunjährige Kind ist in einem Ferienlager und hat große Angst vor dem Betreuer. Er hatte es gezwungen, ein verlorenes Ruder im See zu finden. Als ein Unwetter hereinbricht, hat das Mädchen keine Chance mehr, sich ans Ufer zu retten.

Diese kurze Vorgeschichte scheint zunächst nichts mit dem eigentlichen Fall zu tun zu haben. Kea Laverde, eigentlich Reisejournalistin, hat keine Lust mehr, dauernd unterwegs zu sein. Deshalb hat sie sich entschlossen, als Ghostwriterin ihr Geld zu verdienen. In dieser Eigenschaft ist die üppige Enddreißigerin zu Gast bei Larissa Gräfin Rothenstayn, um deren Memoiren zu Papier zu bringen. Larissa lebte einst in der DDR, aus der ihr 1975 die Flucht gelang. Eines Morgens findet Kea ihre Auftraggeberin schwer verletzt im Park. Sie wurde niedergeschlagen und hat lebensbedrohliche Kopfverletzungen davongetragen. Schon bald fühlt sich auch Kea in dem Schloss der Gräfin bedroht. Zusammen mit ihrem Freund, dem Münchner Kommissar Nero Keller, begibt sie sich auf Spurensuche und deckt dabei Stückchen für Stückchen die Ereignisse in den 70er Jahren in der DDR auf. Gelingt es ihr, den Attentäter zu finden, bevor sie selbst zum Opfer wird?

Auffallend an diesem Roman von Friederike Schmöe ist die Sprache. Die habilitierte Germanistin nutzt sie, um die charakterlichen Eigenschaften der Protagonisten zu unterstreichen. Die Sicht von Kea Laverde ist als Icherzählung in der Vergangenheit beschrieben. Sie ist geprägt von kurzen Sätzen, die darauf schließen lassen, dass die Journalistin gestresst ist. Zum Teil werden originelle Wortschöpfungen eingebaut – wie z.B. die Bezeichnung „Indianer der WWW-Prärie“ für den Kommissar Keller, der sich auf Internetkriminalität spezialisiert hat. Dies soll wohl unterstreichen, dass es sich bei Kea Laverde um ein Mitglied der schreibenden Zunft handelt. Einige dieser kreativen Formulierungen waren mir jedoch zu krampfhaft um Originalität bemüht.

Die Sicht von Nero Keller wird in der personellen Perspektive beschrieben. Hier ist der Schreibstil wesentlich ruhiger und bedachter, so wie der Kommissar auch der ruhende Pol in der Beziehung ist.

Ereignisse aus der ehemaligen DDR werden in der Gegenwartsform geschildert. Das hat mich etwas verwirrt. Aber ich habe mich recht schnell an diesen Stil gewöhnt.

„Fliehganzleis“ ist bereits der zweite Teil der Kea-Laverde-Reihe. Obwohl ich den ersten Teil noch nicht kannte, bin ich schnell mit den Figuren und deren Lebensumständen vertraut geworden. Mir hat besonders die Idee gefallen, eine Ghostwriterin als ermittelnde Hauptfigur einzusetzen. Das war für mich ganz neu in diesem Genre.

Anfangs war ich, genau wie Kea, verwirrt von der Vielzahl der Figuren. Im Gegensatz zu ihr hatte ich als Leserin jedoch Einblick in die Ereignisse vor fünfunddreißig Jahren in der DDR. So konnte ich miträtseln, war der Journalistin jedoch immer einen winzigen Schritt voraus. Dieser kleine Vorteil des Lesers hat die Spannung nicht beeinträchtigt, im Gegenteil, ich fragte mich stets, wann Kea die Geschehnisse von damals aufdeckt.

Meine Lieblingsfigur in diesem Krimi ist eindeutig Juliane, die 77-jährige Freundin Keas, die ihr mit Weitsicht und absoluter Ehrlichkeit des Öfteren einen Schubs in die richtige Richtung gibt. Alle Nebenfiguren sind anschaulich beschrieben.

Am Ende laufen alle Fäden der Geschichte zusammen und im Epilog klärt die Autorin die noch verbleibenden Fragen auf. Im Nachwort erläutert die Autorin die historischen Zusammenhänge und nennt Quellenangabe ihrer Recherche. Einige Figuren sind real existierenden Personen nachempfunden.

Ich bin sehr gespannt auf weitere Fälle mit Kea Laverde. Zunächst werde ich mir jetzt aber den ersten Teil der Reihe, Schweigfeinstill, besorgen.

Fazit:

Fliehganzleis ist ein ungewöhnlicher Krimi auf hohem sprachlichen Niveau, zu dem ich allerdings nicht sofort Zugang fand. Der Roman hat mir interessante Einblicke in die deutsch-deutsche Geschichte verschafft.

:****:

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