Gerdes, Peter - Zorn und Zärtlichkeit (Band 10 der Kommissar-Stahnke-Reihe)

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03 Juli 2012 21:52 #1 von goat
Autor: Gerdes, Peter
Titel: Zorn und Zärtlichkeit
Originaltitel: -
Verlag: Leda Verlag
Erschienen: Juli 2011
ISBN-13: 978-3939689645
Seiten: 384
Einband: Broschiert
Serie: Band 10 der Kommissar-Stahnke-Reihe
Preis: 10,90 €

Autorenportrait:

Peter Gerdes, geboren 1955 in Emden, hat die Ost-Friesischen Krimitage vor 10 Jahren ins Leben gerufen und organisiert sie federführend. Er lebt mit seiner Familie in Leer. Studium der Germanistik und Anglistik, Journalist und Lehrer. Literarische Anfänge Ende der 70er Jahre; schreibt seit 1995 vor allem Kriminalliteratur und betätigt sich als Herausgeber. Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller (VS) und im Syndikat.

Quelle: Verlagsseite

Inhaltsangabe:

Ostfriesland 1936. Die Zeit fordert schwere Entscheidungen von der 14-jährigen Erika: Mut oder Sicherheit, Leben oder Tod, Stinus oder Fritz. Um ihren Großvater aus dem KZ zu retten, gibt sie ein folgenschweres Versprechen – und hält es, obwohl es sie ihre Liebe kostet. Die Folgen ihrer Entscheidung aber holen sie immer wieder ein und haben selbst nach Jahrzehnten noch tödliche Konsequenzen. Ostfriesland heute. Hauptkommissar Stahnke muss erkennen, dass man sich der Vergangenheit stellen muss, um die Gegenwart wirklich begreifen zu können.

Quelle: Klappentext

Meine Meinung:

Sein anspruchsvollster Stahnke

Das Cover ist optisch ein reiner Hingucker und hervorragend auf die Geschichte abgestimmt. Es zeigt ein altes Schwarz-Weiß-Foto (eine Ecke scheint dem Feuer zu nahe gekommen zu sein, da sie verkohlt ist), auf dem drei Jugendliche zu sehen sind. In der Mitte steht ein Mädchen, links und rechts neben ihr ein Junge. Leicht verdeckt durch das Foto, und dadurch etwas unauffälliger, ist ein Hakenkreuz zu sehen. Spätestens hier weiß der Betrachter, in welcher Zeit die Geschichte spielt. Einziger Farbakzent sind ein paar rote Blütenblätter, die dem Cover etwas Wärme verleihen und einen starken Kontrast zum Hakenkreuz bilden.

„Zorn und Zärtlichkeit“ erzählt die Geschichte der 14-jährigen Erika beginnend im Jahr 1936 in Ostfriesland. Das junge Mädchen bekommt die Auswirkungen des Nationalsozialismus mit voller Wucht zu spüren. Um ihren Großvater aus dem KZ zu retten, nimmt sie das Angebot ihres Freundes Stinus an, der jemanden kennt, der in der Lage ist, ihren Opa zu befreien. Einzige Bedingung ist das Versprechen Erikas, ihn sobald es möglich ist zu heiraten. Ein Versprechen, welches Erikas ganzes Leben beeinflussen wird, denn Erika fühlt sich verpflichtet, das gegebene Versprechen einzuhalten – was für sie ein großes Opfer bedeutet, da ihre große Liebe der Jude Fritz ist. Die drei jungen Menschen wird aber fortan ein großes Geheimnis begleiten, denn einer von ihnen hat einen Menschen getötet und die anderen beiden wissen nicht, wer die Tat begangen hat.

Ostfriesland in der Gegenwart …

Hauptkommissar Stahnke beschäftigt ein kniffeliger erst kürzlich begangener Mordfall. Ein alter Mann, der, ertrunken in einer Kiste liegend, in einem alten Keller aufgefunden wird, führt seine Ermittlungen bis in die dreißiger Jahre zurück …

Peter Gerdes hat mit „Zorn und Zärtlichkeit“ seinen, für mich, emotionalsten und zugleich anspruchsvollsten Stahnke-Roman auf den Markt gebracht. Er handelt von einem längst vergangenen, jedoch immer noch sehr brisanten Thema. Es widerstrebt mir, in diesem Fall von einer unterhaltsamen Geschichte zu sprechen, denn dazu berührt mich der geschichtliche Hintergrund der Judenverfolgung einfach zu sehr. Interessant ist auf jeden Fall der Kriminalfall, der in dieser Zeit im Umkreis Leer spielt.

Der Autor hat einige historische Ereignisse, wie zum Beispiel die Olympischen Spiele in Berlin zur Zeit des Nationalsozialismus, in die fiktive Geschichte eingebunden. Zum Charakter Stinus, der von nichts anderem redet, als dass er eines Tages auch ein berühmter Sportler wird, der an den Olympischen Spielen teilnimmt, passt es wie die Faust aufs Auge. Er ist und bleibt von Beginn der Geschichte an bis zum Schluss ein Träumer, dem eigentlich immer nur der Zufall zur Hilfe kommt, der aber selten etwas eigenständig auf die Beine stellt. Sogar die Hochzeit mit Erika muss er sich „erkaufen“. Überhaupt konnte ich mich mit den Figuren nicht so recht arrangieren. Fritz findet sich mit allem ab und schafft es nicht, um seine Liebe Erika zu kämpfen, obwohl er weiß, dass diese mit Stinus nicht glücklich ist. Am meisten aber hat mich Erika enttäuscht: Sie ist zwar die Einzige, die etwas auf die Beine stellt und auch ihren Eltern mal die Stirn bietet. Allerdings zeigt sie nichts von ihrer Stärke, wenn es um ihre Liebe zu Fritz geht. Dabei hätte sie gut irgendwann einen Schlussstrich unter ihre Ehe setzen können.

Auch wenn die Auflösung des Falles etwas weit hergeholt scheint (aber Menschen haben schon wegen weniger gemordet), so ist es positiv anzumerken, dass ich dem Mörder nicht auf die Schliche gekommen bin. Auch die Verknüpfung der beiden parallel laufenden Handlungsstränge zum Schluss ist Peter Gerdes hervorragend gelungen.

„Zorn und Zärtlichkeit“ ist nicht einfach nur ein Krimi, das sollte sich jeder Krimifan bewusst machen. Wem der geschichtliche Aspekt nicht liegt, der greift besser zu einem anderen Stahnke-Roman. Ich vergebe dennoch gerne fünf Sterne und hoffe auf viele weitere Romane mit dem etwas eigenwilligen Kommissar.

:*****:

Reihenfolge der Kommissar-Stahnke-Reihe (es sind in diesem Fall nur die Romane, nicht aber die Kurzgeschichtensammlungen enthalten, in denen Kommissar Stahnke die Hauptrolle spielt):

1. Ein anderes Blatt
2. Thors Hammer
3. Ebbe und Blut
4. Der Tod lauft mit (ehemals Der Etappenmörder)
5. Fürchte die Dunkelheit
6. Solo für Sopran
7. Der siebte Schlüssel
8. Sand und Asche
9. Wut und Wellen
10. Zorn und Zärtlichkeit

Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig.

Ernst Reinhold Hauschka

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