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Brown, Helen - Cleo: Wie ich das Lachen wieder lernte
Titel: Cleo - Wie ich das Lachen wieder lernte
Originaltitel: Cleo - How an uppity cat helped heal a family
Verlag: Deuticke im Zsolnay Verlag
Erschienen: 26. Juli 2010
ISBN-10: 3552061363
ISBN-13: 978-3552061361
Seiten: 380
Einband: HC
Serie: -
Autorenportrait:
Quelle: amazon.deHelen Brown ist eine der bekanntesten und meistgelesenen Kolumnistinnen Neuseelands. Seit 30 Jahren schreibt sie über die sogenannten alltäglichen Dinge des Lebens wie Geburten, Todesfälle und Hochzeiten, Supermarktschlangen, Katzenklos und das Leben mit Teenagern. Sie arbeitet fürs Fernsehen und fürs Radio und lebt seit neun Jahren in Melbourne, Australien.
Inhaltsangabe:
Quelle: amazon.deAls Sam kurz nach seinem neunten Geburtstag überfahren wird und stirbt, bleiben seine Eltern und sein kleiner Bruder Rob verzweifelt zurück. Einige Wochen später wird ein eher hässliches weibliches Katzenjunges bei der Familie, die auf einem unwegsamen Hang am Rande von Wellington, Neuseeland, lebt, abgeliefert. Sam hatte sich das Kätzchen noch vor dem Unfall als Geschenk ausgesucht. Die in Australien lebende Autorin und Journalistin Helen Brown erzählt in dieser literarischen Autobiographie die berührende Geschichte ihrer Familie, die sich mit Hilfe der Katze Cleo nach dem tragischen Unglück zurück ins Leben kämpft.
Meine Meinung:
Das war das schönste Buch, was ich dieses Jahr bisher gelesen habe!
Ich behaupte von mir, ich bin ein Hundemensch, auch wenn ich Katzen sehr mag. Trotzdem hat mich dieses Buch gleich auf den ersten Seiten in seinen Bann gezogen. Helen Brown schreibt unheimlich liebevoll. Ich fühlte mich in diese Familie aufgenommen, lebte ein paar Tage mit im Haushalt - mit Cleo.
Der Roman ist kein reines Katzenbuch. Es wird auch viel über die Familie Brown geschrieben. Und das wurde zum Schluss hin immer kürzer verfasst, hatte ich den Eindruck. Ihr gemeinsames Leben mit Philip nahm im Verhältnis nicht viele Seiten ein. Aber da mich in erster Linie ohnehin die Geschichte von Cleo interessiert hat, fand ich das nicht negativ.
Im letzen Teil des Buches habe ich unheimlich viel weinen müssen, obwohl Helen Brown auch das Altern der Katze sehr liebevoll geschrieben hat. Aber die Zeit, in der Cleo nun wirklich auch körperliche Beschwerden zeigte, war auch wieder sehr kurz gehalten. Insgesamt hatte ich ein bisschen das Gefühl "das Buch muss nun fertig". Weil aber alles andere so wundervoll war, gibt es von mir trotzdem volle 5 Sterne.
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Angezogen wurde ich von dem schönen Cover des Buches. Es zeigt die Silhouette einer Katze, die vor einem von Eis bedecktem Fenster sitzt. Mit den Fingern hat jemand ein Herz auf die Scheibe „gemalt“. Die gebundene Ausgabe aus dem Deuticke Verlag umfasst 380 Seiten und besitzt ein Lesebändchen, was in meinen Augen immer sehr praktisch ist. Die einzelnen Kapitel mit den relativ kurzen Überschriften, sind alle mit einem wunderschönen Spruch über Katzen versehen. Nimmt man den Schutzumschlag ab, erscheint auf der Vorderseite des Buches ein eingestanztes D für den Namen des Verlages. Es fällt gleich ins Auge, dass der Verlag sich viel Mühe mit der Gestaltung des Buches gegeben hat – für die Geschichte, die uns die Autorin Helen Brown erzählt, ist sie genau richtig, denn Helen Brown erzählt uns die Geschichte IHRES Lebens.
Helen und Steve leben mit ihren beiden Söhnen Sam und Rob und ihrem Hund Rata in einem Bungalow in Wellington. Zu seinem 9. Geburtstag darf Sam sich ein kleines Kätzchen aussuchen, welches er allerdings noch nicht mit nach Hause nehmen darf, weil es noch zu klein ist. Seine Tierliebe ist es auch, die sein junges Leben vorzeitig beendet. Weil er einen verletzten Vogel zum Tierarzt bringen möchte, achtet Sam in der Eile nicht auf den Verkehr, tritt auf die Straße und wird von einem Auto überfahren. Für die Familie bricht eine Welt zusammen. Selbst Hündin Rata zieht sich zurück und gibt keinen Laut mehr von sich.
Ein paar Tage nach Sams Tod, steht plötzlich jemand mit einem kleinen Kätzchen vor der Tür. Helen möchte es jedoch nicht mehr, weil sie denkt, dass Sams Kätzchen nicht in ihr Haus gehört, weil es aus einer anderen Zeit stammt – eine Zeit, in sie andere Menschen waren, Sam noch bei ihnen und das Leben noch ganz. Jetzt waren sie zerrissen, nur noch Schatten ihrer selbst und es würde keinen Platz für das Kätzchen geben. Als Rob das Kätzchen auf den Arm nimmt, sieht Helen etwas, von dem sie dachte, es wäre für alle Zeiten von dieser Erde verschwunden – Robs Lächeln. Und mit Robs Lächeln zieht auch Cleo in das Haus der trauernden Familie ein und in den kommenden 23 Jahren besteht ihre Hauptaufgabe darin, zu zeigen, wie lebenswert das Leben auch nach so einem Schicksalsschlag sein kann.
„Die meisten Tage sind einander so ähnlich, dass sie noch vor Sonnenuntergang so gut wie vergessen sind. Einer nach dem anderen gehen sie ineinander über und werden zu Monaten und Jahren. Wir gleiten durch die Zeit und erwarten, dass nichts Unvorhergesehenes geschieht. Gefangen in dem immer gleichen Tagesablauf zu dem das immer gleiche Frühstück, die immer gleichen Gesichter und die immer gleichen Schulfahrgemeinschaften gehören, sind wir irgendwann völlig eingelullt und glauben, dass unser ganzes Leben ohne größere Veränderungen seinen Gang nehmen wird. Der einundzwanzigste Januar 1983 fing an wie jeder andere Tag. Nichts wies darauf hin, dass dieses Datum über uns hereinbrechen und unser Leben für alle Zeiten in zwei Teile zerreißen würde.“
So beginnt das Kapitel mit dem Namen „Verlust“, welches den Tag beschreibt, an dem Sam stirbt. Zusammen mit dem Rest der noch verbliebenen Familie, fiel ich beim Lesen in eine unbeschreibliche Leere. Helen schreibt offen über ihre Wut und über die seelischen Wunden, die der Tod ihres Sohnes hinterlässt. Und man hat das Gefühl, dass sie versucht, mit dem Schreiben ihren ganzen Schmerz hinauszuschreien und gleichzeitig weiß man, dass es einfach nicht gelingen wird. Mit jedem Satz wird der Druck unter dem alle stehen größer und größer. Es beginnt mit einer großen Fassungslosigkeit, einer unbändigen Wut, die dazu führt, dass Helen ihrem Mann die Schuld an Sams Tod gibt, weil er an diesem Tag keine Zeit hatte, den Jungen zum Tierarzt zu fahren. Die ohnehin schon zerrüttete Ehe der beiden wird durch diese Tragödie auf eine harte Probe gestellt. Ein letztes Aneinanderklammern und der Versuch mit einem weiteren Kind alles wieder in geregelte Bahnen zu lenken, misslingt und Steve und Helen müssen einsehen, dass nichts mehr zu retten ist.
Mich hat das alles emotional sehr aufgewühlt und ich konnte immer und zu jeder Zeit den Schmerz spüren. Manchmal war es schwierig weiter zu lesen. Und trotzdem gab es die Lichtblicke, die mich wieder aufgefangen haben. Die Unbeschwertheit, wenn Cleo wieder einmal das ganze Haus auf den Kopf gestellt hat. Eine schwarze divenhafte Katze, die immer wieder Aufmerksamkeit fordert und die Trauernden, genau wie mich als Leser, immer wieder ein Stück weit ablenkt und aus der Trauer herausholt. Helen Browns Art zu schreiben hat mir das Gefühl gegeben, ein Teil der Familie zu sein und ich konnte dieses Glück, Cleo zu haben, sehr gut nachvollziehen. Insofern ist der Roman auch ein Stück weit Hilfe für Betroffene. Er zeigt Wege auf, mit dem Schmerz umzugehen – sich mit dem Tod zu arrangieren, nicht aufzugeben und auch mit den Niederlagen, die einen zwischendurch wieder einholen, umzugehen.
Die Ehe von Steve und Helen geht in die Brüche und ich denke nicht, dass ich damit zuviel verrate, da es in diesem Buch nicht darum geht, was passiert, sondern WIE es passiert und das Wichtige ist nicht der Fortlauf der Geschichte, sondern das Gefühl, was die Autorin uns vermittelt und was automatisch auch auf mich als Leserin übergangen ist. Man liest dieses Buch nicht einfach nur, sondern man fühlt es und eine solche Intensität findet man nicht oft in Büchern.
Ganz besonders hat mich berührt, wie sehr Rob an seinem Bruder hing und er das ganze aus Sicht eines Kindes empfand. Für Rob war Sam auch lange nach seinem Tod noch immer präsent. Wie sehr zeigt die Szene an Robs neuntem Geburtstag. Drei Jahre zuvor bekam Sam zusätzlich zu der Erlaubnis sich ein Kätzchen aussuchen zu dürfen, eine Superman-Digitaluhr geschenkt. Rob war darauf etwas neidisch und nach Sams Tod hat Rob diese Uhr immer bei sich getragen. An seinem neunten Geburtstag nun, bekommt er von seinen Eltern eine Casio-Digitaluhr geschenkt. Er ist zunächst ganz begeistert und probiert die Uhr aus, liest die Gebrauchsanweisung und erklärt, dass die Uhr wirklich alles könne, außer ins All zu fliegen. Aber mit einem großen Seufzen nimmt er Sams Superman-Uhr vom Nachtkästchen und verkündet, dass er keine zwei Uhren tragen kann. Und ich hatte einen richtigen Kloß im Hals, als der Kleine sich so mit einer Entscheidung quälen musste. Als er Helen dann fragt, ob es Sam etwas ausmachen würde, wenn er seine Uhr in die Schublade legen würde, musste ich mit den Tränen kämpfen. Es war für Rob in dem Moment wohl wie ein zweites Loslassen müssen. Helens Antwort darauf war das einzig Richtige, was sie darauf sagen konnte: „Das würde Sam sicher überhaupt nichts ausmachen. Im Gegenteil, wahrscheinlich würde er sagen, dass du jetzt alt genug für eine Uhr für große Jungs bist.“
Für mich ist dieses Buch ein ganz kostbarer Schatz und jetzt, wo ich die Rezension dazu schreibe, würde ich es am liebsten noch einmal lesen. Man muss kein Katzenfan sein, um dieses Buch zu lieben, aber nach dem Lesen wird man DIESE Katze auf jeden Fall lieben und verstehen, warum Cleo einer trauernden Familie so wichtig war. Ich möchte dieses Buch jedem ans Herz legen. Und während ihr das Buch lest, ruft die Homepage der Autorin auf, denn dort findet man ganz wertvolle Fotos von allen Familienmitgliedern und auch von Rata und Sam [URL] www.helenbrown.com.au/photo-album.htm [/URL]
Fünf Sterne von mir für ein wundervolles Buch, das von einer sehr tapferen und starken Frau geschrieben wurde.
Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig.
Ernst Reinhold Hauschka
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