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Boyne, John - Das Haus zur besonderen Verwendung
Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung
Originaltitel: The House of Special Purpose
Verlag: Arche Literatur Verlag AG
Erschienen: 30.08.2010
ISBN-10: 3716026425
ISBN-13: 978-3716026427
Seiten: 559
Serie: -
Autorenportrait:
Die Bücher von John Boyne, geboren 1971, wurden bisher in mehr als 40 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch gelang Boyne mit seinem Roman Der Junge im gestreiften Pyjama, der in vielen Ländern auf den Bestsellerlisten stand, für das Kino verfilmt und von der Kritik als »ein kleines Wunder« (The Guardian) gefeiert wurde. John Boyne lebt in Dublin.
Quelle: vorablesen.de
Inhaltsangabe:
"Ein aufwühlendes, atemberaubendes Epos über das Schicksal des letzten russischen Zaren und seiner Familie."
The Times
Der neue große Roman vom Autor des Weltbestsellers Der Junge im gestreiften Pyjama.
Russland 1915: In einem kleinen Dorf verhindert der sechzehnjährige Bauernsohn Georgi mit Glück und Geistesgegenwart ein Attentat auf ein Mitglied der Zarenfamilie. Zar Nikolaus II. ruft Georgi daraufhin nach Sankt Petersburg, wo er ihn zum Leibwächter seines einzigen Sohnes ernennt, der nicht nur als Thronfolger in ständiger Lebensgefahr schwebt. Georgi weicht dem kleinen Zaren fortan nicht mehr von der Seite und findet in ihm einen Freund. In den prunkvollen Sälen des Winterpalais begegnet er auch der Zarentochter Anastasia. Sie verlieben sich, wohl wissend, dass diese Liebe nicht sein darf. Doch Georgi ist entschlossen, für Anastasia bis zum Äußersten zu gehen. Aber dann erhebt sich das Volk gegen den Zaren; das ganze Land taumelt dem Abgrund der Revolution entgegen. Anastasia und ihre Familie werden an einen geheimen Ort verschleppt ins "Haus zur besonderen Verwendung".
Mit diesem außergewöhnlichen Roman hat John Boyne den Menschen, die eine der dramatischsten Epochen Russlands erlebt und erlitten haben, ein Denkmal gesetzt. Die Geschichte vom tapferen Georgi, seinem kleinen Schützling und seiner großen Liebe ist eine Geschichte, die man nie mehr vergisst.
Quelle: amazon.de
Meine Meinung:
Das Cover des gebundenen Buches passt zur Geschichte. Es zeigt ein Pärchen, das durch einen herbstlichen Wald spaziert. Ich erkenne hier einen Hinweis auf den Herbst des Lebens.
Das Buch ist nicht zu fest gebunden, lässt sich gut halten und blättern. Ein bisschen vermisst habe ich ein Lesebändchen.
Das Buch "springt" durch die Jahre. Durch das Leben des Ich-Erzählers Georgie. Die Geschichte beginnt mit dem alten Georgie und dort endet sie auch; dazwischen wird seine Geschichte erzählt.
Georgie retet durch Zufall einem Mitglied der Zarenfamilie das Leben. Daraufhin wird er als 16jähriger Leibwächter des Zarensohnes. Sein Leben wird komplett umgekrempelt. Vom armen Bauernsohn zum Geliebten der Zarentocher Anastasia. Doch der Krieg in Russland zehrt das Volk aus und sein Hass richtet sich gegen den Zaren. Der Zar wird gestürzt und die Familie lebt im "Haus zur besonderen Verwendung".
Georgie verschlägt es zunächst nach Paris, dann nach England. Dort lebt er mit seiner Frau Soja. Soja hat große psychische Probleme und lebt ständig in Angst. Darunter leidet auch Georgie. Als bei Soja Krebs festgestellt wird, möchte sie keine Therapie. Sie hat mit ihrem Leben abgeschlossen, möchte nur noch eine letzte Reise unternehmen. Am Ende stirbt Soja, aber es ist nicht zu trurig. Es war ihr Wille.
Mir war so ziemlich von Anfang an klar, was das Geheimnis um Soja ist, aber das verminderte den Lesegenuss nicht. Das Buch ist so flüssig und detailliert geschrieben, dass man sich das Leen vor fast 100 Jahren am Hof des Zaren gut vorstellen kann. Die einzelnen Personen, insbesondere die Zarenfamilie sind wunderbar beschrieben. Die Macht, die vom Zaren und der Zarin aus geht. Die Liebe des Volkes, das seinen Zaren zunächst verehrt, im Laufe des Krieges dann aber in Hass umschlägt. Der unheimliche Geistliche, bei dem mir bis jetzt nicht klar ist, was seine Aufgabe in der Geschichte ist.
Über die russische Geschichte weiß ich gar nichts. Dieses Buch macht Lust, sich einmal mit ihr auseinander zu setzen.
Ich kann dieses Buch uneingeschränkt weiterempfehlen. Ich gebe volle 5 Punkte.
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Das Cover überzeugt durch seine warmen Töne und dem zauberhaften Bild eines Waldes zur Herbstzeit. Die Blätter haben sich schon verfärbt und sind zum Teil schon von den Bäumen gefallen. Durch das Herbstlaub spaziert ein Pärchen. So ein einladendes Cover lässt mich automatisch zu dem Buch greifen – auch wenn der Titel etwas verwirrend ist.
Der Roman beginnt im Jahr 1981. Der 82-jährige Russe Georgi Daniilowitsch Jatschmenew, dessen Frau Soja an Krebs erkrankt ist, verbringt die ihnen noch verbleibenden Tage an ihrem Krankenbett. Immer öfter schweifen seine Gedanken ab in die Vergangenheit und der Leser erfährt so die Geschichte seines Lebens. Im Jahre 1915 verhindert der 16-jährige Georgi mehr durch Zufall ein Attentat auf den Vetter des Zaren. Der Großfürst bedankt sich persönlich bei den Eltern des Jungen für seine Rettung und steckt dem Vater eine Geldbörse zu. Georgi beschleicht sofort das Gefühl, verkauft worden zu sein, noch bevor der Großfürst ihm eröffnet, dass sein neues Zuhause zukünftig in St. Petersburg sein wird, denn Zar Nikolaus II. sucht dringend nach einem Leibwächter für seinen Sohn und Thronfolger Zarewitsch Alexei.
Überwältigt vom prunkvollen Winterpalais der Zarenfamilie, beginnt für Georgi kurze Zeit später ein völlig neues Leben. Mit dem jungen Thronfolger verbindet ihn sehr schnell eine innige Freundschaft und als er zum ersten Mal der Zarentochter Anastasia begegnet, ist es um ihn geschehen. Sie verlieben sich Hals über Kopf ineinander – wohl wissen, dass ihre Liebe keine Chance hat. Als es zur Revolution kommt und der Zar abdanken muss, ist es vorbei mit dem schönen Leben. Die ganze Familie wird nach Jekaterinenburg verschleppt und im „Haus zur besonderen Verwendung“ wie Gefangene gehalten. Leser, die sich ein wenig mit der Geschichte beschäftigt haben, wissen schon vorher, wie tragisch das Ganze endet – nämlich mit der Ermordung der ehemaligen Zarenfamilie …
John Boyne hat sich fast akribisch an die geschichtlichen Fakten gehalten – aber eben nur fast. Aber man darf nicht vergessen, dass es sich hier um einen Roman und kein Sachbuch handelt. Von daher hat mir die Vermischung von Fakten und Fiktion sehr gut gefallen und sie ist dem Autor in meinen Augen auch sehr gut gelungen. Der Schreibstil ist zwar leicht verständlich, aber durch die abwechselnden Erzählstränge wirkte es auf mich manchmal etwas verwirrend. Gleichzeitig sorgen die Zeitsprünge für eine Auflockerung. Der Leser kommt recht bald dahinter, dass die Geschichte Georgis und Sojas rückwärts erzählt wird und die Georgis und Anastasias vorwärts, sodass sie sich irgendwann in der Mitte treffen. Und immer habe ich grübeln müssen, wer tatsächlich hinter der Figur Soja steckt und ich war mir fast bis ganz zum Schluss nicht sicher.
„Das Haus zur besonderen Verwendung“ ist ein sehr leises aber gleichzeitig intensives Buch. Ich konnte sofort in die Geschichte eintauchen und mitempfinden, was die Figuren durchmachen mussten. Ich bin nie Fan von trockenen historischen Fakten gewesen. Aber Autoren, die es schaffen, geschichtliches Hintergrundwissen in einen spannenden Roman zu verpacken und dem Leser dieses überzeugend zu vermitteln, denen bin ich dankbar für ihr gelungenes Werk. In diesem Fall wäre es aber sicherlich nützlich gewesen, wenn der Autor zu Beginn darauf eingegangen wäre, wo er sich an die Fakten gehalten hat und was seiner Fantasie entsprungen ist. Trotzdem hat mich dieses Buch auf ganzer Linie überzeugt und ich vergebe gerne fünf Sterne.
Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig.
Ernst Reinhold Hauschka
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