Rehn, Heidi - Das Lichtspielhaus: Zeit der Entscheidungen Abschnitt 1

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19 Mai 2019 07:37 #7 von Netha
Hier kommt die Leseschnecke, sorry das es bei mir dies mal so lange dauert, es liegt aber nicht an dem Buch.

In diesem ersten Abschnitt passiert ja schon so einiges. Ein sehr schönes Kino eröffnet und kurz danach macht sich der Ehemann von Elsa einfach so davon, was soll man von so einem Mann halten.
Nicht nur seine Frau sitzen zu lassen sondern auch noch zwei Kinder. Dann Zenzi, was muss das für ein Original sein? Aber auch sie muss es nicht gerade leicht gehabt haben.
Dann erscheint auch das edle Hirschvogel wieder, da habe ich sehr breit grinsen müssen. Ich hoffe sehr das Elsa es irgendwie schafft Oberwasser zu behalten, sie zeigt nur die Starke Frau, nur wie schaut es bei ihr innerlich aus. Ganz bestimmt nimmt sie das gewaltig mit.
Mich tangiert es sehr das sich die Schergen Hitlers wieder im Hintergrund tummeln und wie wir ja wissen, nichts gutes im Schilde führen. Ist ja nicht mehr lange hin bis der Mist losging und Millionen Menschen ins Unglück stürzten.
Jetzt bin ich gespannt ob das neue Kino visavis dem Elvira Palast den Rang ablaufen kann. Und ich hoffe Karl besinnt sich noch, dass er eine Familie hat. Anders rum kann es aber auch gut sein das er jetzt schon in Amerika weilt und später seine Familie eventuell nachholen kann, wenn es auf den zweiten Weltkrieg zugeht. Was mich wütend machte ist, dass er anscheint das Konto sehr geschmälert hat als er klammheimlich fortging.

Liebe Grüße von Netha

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19 Mai 2019 11:27 #8 von Zabou1964
Ich habe den ersten Abschnitt gestern Nacht beendet.

Vorab: Ich liebe alte Kinos. Wenn ich in einer fremden Stadt bin, schaue ich immer, ob es alte Kinos gibt, die ich besuchen kann. Unter Umständen schaue ich mir dann auch schon mal einen Film an, der mich gar nicht interessiert, nur um das Kino von innen anschauen zu können. Insofern ist dieser Roman mit den wunderbaren Beschreibungen der Kinos schon ein Genuss für mich.

Ich hatte auch die Vorgeschichte zu dem Roman gelesen, sodass ich weiß, wie schäbig die ursprünglichen Kinos von Zenzi waren. Der Ehrgeiz und die Kraft, die Elsa und Karl in den Aufbau der Lichtspielhäuser gesteckt haben, ist sehr bewundernswert. Dass Karl Elsa und die Kinder einfach im Stich lässt, ist natürlich ein herber Schlag. Offensichtlich braucht er immer neue Herausforderungen, die er in München nun nicht mehr sieht.

Zenzi gefällt mir richtig gut. Sie lässt sich nicht verbiegen für "die Leute", bleibt bei ihrem Stil und kümmert sich nicht, was über sie geredet wird. Sie durchschaut auch gleich, dass ihr Sohn sich aus dem Staub gemacht hat.

Elsa muss gegenüber den Kindern und den Leuten das Gesicht wahren. Wie es in ihr drin aussieht, darf niemand erfahren. Das ist sehr hart. Aber ich denke, sie wird es schaffen.

Ihr Schwager Heinrich ist mir etwas suspekt. Er hat irgendwas zu verbergen. Wer weiß, was vor dem Krieg in Hannover vorgefallen ist. Er ist mir jedenfalls eher unsympathisch.

Lotti und Josefa sind bescheidene Leute. Ich denke, Heinrich will sich an Lotti heranmachen. Aber Lotti hat bereits einen Verlobten. Wie ich den einschätzen soll, weiß ich noch nicht. Er scheint recht radikal seine Meinung zu vertreten und ich auch vor einer Schlägerei nicht zurückzuschrecken.

Mir gefällt der Roman richtig gut, liebe Heidi. Wie bist du auf die Idee gekommen, über das Kinomilieu zu schreiben? In München gibt es sicherlich noch einige schöne alte Kinos, oder?

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20 Mai 2019 08:03 #9 von Heidi
Hallo, ihr beiden,

schön euch wiederzulesen! :knu:

Und natürlich erst recht schön, dass euch der Einstieg in die Donaubauer Lichtspiele so gut gelungen ist. Wie immer liegen mir meine Figuren und ihre Geschichte sehr am Herzen. Da ich dieses Mal ja auch noch einen zweiten Teil schreibe, an dem ich gerade sitze, bleiben sie noch länger bei mir und leben mit mir und ich mit ihnen :bg

Die alten Kinos sterben allmählich aus. Kurz vor Ostern hat hier in München das angeblich weltweit älteste, bis heute in Betrieb - und in Besitz derselben Familie! - befindliche Kino geschlossen. An seiner Stelle wird wohl ein Hotel gebaut. Die Immobilie ist einfach Gold wert, das Betreiben eines Kinos aber leider nur noch ein Zuschussgeschäft. So ändern sich die Zeiten.

Jetzt gibt es nur noch drei Kinos aus der Zeit vor 1914 hier, davon ein relativ mondänes, das auch das Vorbild für meine Kaiser-Lichtspiele ist, ein mittleres und ein kleines Ladenkino. Also letztlich fast genau das, was auch meine Zenzi besessen hat.

Sie hat es in der Tat nicht einfach gehabt, aber sie hat sich durchgeschlagen und sie hat es geschafft, zuletzt mit tatkräftiger Hilfe ihres Sohnes Karl, der aber letztlich der Hasardeur geblieben ist, als der er anfing. Und natürlich dank ihrer Schwiegertochter Elsa, die nicht nur schön, sondern auch klug und ebenfalls sehr willensstark und außerdem genauso kinobesessen ist wie sie.

Liebe Zabou, mir geht das Herz auf, wenn Du von Deiner Liebe für alte Kinos erzählst. Mir geht es auch so. In diesen kleinen ist doch weitaus mehr Atmosphäre als in den großen, schicken, modernen mit allem technischen Schnickschnack. Natürlich war das Elvira zu seiner Zeit auch ein solcher Palast, aber Zenzis Vorstadtkinos könnten noch heute existieren.

Meine Buchpremiere letzte Woche fand übrigens in der Häberlstraße statt, ziemlich genau da, wo auch Zenzis "Häberlkino" hätte sein können... :bg

Lasst euch von Elsa und Zenzi, Lotti und den anderen weiter erzählen, was noch so alles passiert in jenen Jahren, die so entscheidend sind für die weitere Geschichte in Deutschland. Mir war es wichtig, mit den Donaubauers eine weitere Perspektive auf die Zeit zu beschreiben...

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20 Mai 2019 11:23 #10 von Zabou1964
Ich habe noch eine Frage zu dem Geruchskino im Elvira: Hat es das damals wirklich schon gegeben oder ist das deiner Fantasie entsprungen?

Ich kann mich noch erinnern, dass es John Waters' Film "Polyester" Anfang der 1980er Jahre eine Karte gab, an der man reiben musste, um den passenden Geruch zur Szene zu riechen. Das war schön, als es noch Rosen roch, weniger schön, als jemand im Film Blähungen hatte. :lolo: :lolo: :lolo:

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20 Mai 2019 15:03 #11 von Heidi
Ups, jetzt hab ich gerade so eine schöne lange Antwort zur Geruchsspritze geschrieben und wohl dummerweise gelöscht statt gepostet. Also auf ein Neues. :bg

Geruchsspritzen gab es seit den Anfängen der Kinos, weil die umfunktionierten Ladenräume (meist waren es die schlauchartigen, fensterlosen Lager- oder Hinterräume) keine gute Lüftung besaßen, die Zuschauer aber eng aneinander hockten und auch nicht so gut gewaschen waren wie wir heute. Diese überdimensionalen Spritzen waren im Prinzip wie die Plastikwasserpistolen der Kinder heute. Das Wasser war oft mit Parfüm oder Duftölen versetzt und damit schon eine erste Möglichkeit, ganz gezielt ganz bestimmte Aromen zu verbreiten, passend zum Film.

Die von Zenzi stolz vorgeführte Lüftungsanlage gab es in den mondänen Filmpalästen, die ab Mitte der 1920er gebaut wurden. Da konnte man die Aromen unten im Keller zentral zugeben und eben Wald, Wiesen, Rosen, Gewürze etc. im Saal verbreiten lassen.

Es gibt ein Buch übers Film- und Kinomarketing der Jahre 1910-1933, da sind diese Dinge beschrieben. Wenn man das liest, fragt man sich, was seither überhaupt noch erfunden wurde. Eigentlich gab es alles schon und technisch war auch schon fast alles möglich. Gerade auch der ganze Merchandisingkram, der heute den Leuten das Geld aus der Tasche zieht, war in den 1920ern schon en vogue. Ebenso Platzanweiser im Kostüm z.B. passend zu Langs "Metropolis", Fanzeitschriften über die aktuellen Stars, Poster, um sie zu Hause an die Wand zu pinnen, kleine Figuren, um sie sich auf den Tisch zu stellen.

"`s gibt nix, was es nicht gibt", hätte Zenzi gesagt. :lolo:

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21 Mai 2019 08:51 #12 von Zabou1964
Danke für die (doppelt geschriebene) Antwort, liebe Heidi.

Diese Ladenkinos stelle ich mir sehr abenteuerlich vor. In der Vorgeschichte hast du es so schön beschrieben, wie Elsa da zwischen den ganzen Leuten auf der harten Holzbank sitzt. Auch die Gerüche konnte ich mir sehr gut vorstellen.

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