Wilkenloh, Wimmer - Eidernebel

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28 Juli 2011 06:44 #1 von Ikopiko
Autor: Wilkenloh, Wimmer
Titel: Eidernebel
Originaltitel: -
Verlag: Gmeiner
Erschienen: 7. Februar 2011
ISBN-13: 978-3839211151
Seiten: 425
Einband: Taschenbuch
Serie: Jan Swensen, Band 4
Preis: 11,90 €

Autorenportrait:

Wimmer Wilkenloh, 1948 im schleswig-holsteinischen Itzehoe geboren, studierte an der Hamburger Hochschule für bildende Künste Visuelle Kommunikation und war viele Jahre als Autor beim NDR-Fernsehen tätig. Heute arbeitet er als freier Künstler und Krimiautor in Hamburg.

Quelle: Verlagsseite

Inhaltsangabe:

In der Kirche des kleinen Dorfes Witzwort bei Husum liegt eine grausam zugerichtete weibliche Leiche. Kommissar Jan Swensen gerät schon bald unter Druck: Im Laufe der Ermittlungen werden in verschiedenen Kirchen der Region weitere ermordete Frauen aufgefunden – mehrere von ihnen waren Mitarbeiterinnen eines großen Lebensmittel-Discounters. Das Werk eines Serienmörders? Und welche Verbindung gibt es zu der Frau, die seit einer Herztransplantation von seltsamen Träumen geplagt wird?

Quelle: Verlagsseite

Meine Meinung:

Der Husumer Kommissar Jan Swensen ermittelt in „Eidernebel“ bereits zum vierten Mal. Er lebt nun bei seiner Freundin Anna in Witzwort, was einen krassen Unterschied zu seinem früheren Leben in Husum darstellt.

Auch in Witzwort ist er vor Verbrechen nicht gefeit. In der Kirche seines neuen Wohnortes wird eine entstellte Leiche gefunden. Swensen ist als erster am Tatort und baut dadurch eine besondere Bindung zu dem Mord auf. Aber es bleibt nicht bei einem Mord. Auch in den umliegenden Kirchen werden bestialisch zugerichtete Leichen entdeckt. Es stellt sich heraus, dass sie eines gemeinsam haben: Sie waren angestellt bei einer Lebensmittelkette.

Für Swensen und sein Team beginnt ein Wettlauf mit der Zeit.

Parallel zu der Kriminalgeschichte, wird die Geschichte von Lisa Blau erzählt. Lisa erhält ein Spenderherz. Seit sie dieses Herz in sich trägt, ist sie anders. Sie hat einen anderen Geschmack, träumt von einer anderen Frau und hat das Gefühl, dass diese ihr etwas mitteilen möchte.

Außerdem werden die Machenschaften eines ehemaligen Stasi-Spitzels und die Arbeit der Journalistin Maria Teske beschrieben. Und irgendwann finden all diese Geschichten zusammen.

Wimmer Wildenlohs Serie um Kommissar Swensen spielt in Wildenlohs Heimat Nordfriesland. Dass er sehr heimatverbunden ist, wird immer wieder deutlich. So beschreibt er Traditionen wie das Biike-Brennen oder die friesische Sportart, das Boßeln. Dies macht er aber nicht langatmig und ermüdend, sondern sehr interessant und informativ. Es scheint dem Autor am Herzen zu liegen, den Leser für Nordfriesland zu begeistern.

Jan Swensen hat seine Ecken und Kanten, ist aber trotzdem, oder gerade deshalb, ein sehr sympathischer Protagonist. Richtig in seinen Fall „eingegraben“, sieht er nicht rechts und nicht links, was seine Freundin Anna sehr stört, wofür sie jedoch auch ein gewisses Verständnis aufbringen kann.

Wimmer Wilkenloh hat es geschafft, einen Krimi mit einem aktuellen Brennpunkt – Arbeitsbedingungen in großen Lebensmittelketten - zu verbinden. Gleichzeitig beschäftigt er sich und den Leser mit Organtransplantation und den Folgen für die Transplantierten. Trotz der geballten Ladung an Informationen, die zum Nachdenken anregen, verliert er den Kriminalfall nicht aus den Augen.

Fazit:

Ein Roman, der zum Nachdenken und Weiterlesen einlädt. Wer eher ein besinnlicher Leser ist und keinen hohen Spannungsbogen erwartet, wird von „Eidernebel“ begeistert sein.

Bewertung:

Ich gebe dem Buch fünf von fünf Sternen.

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03 Feb. 2012 15:44 #2 von goat
Meine Meinung:

Was das äußere Erscheinungsbild dieses Buches angeht, bin ich wieder restlos begeistert. Der Gmeiner Verlag ist einer der wenigen, wenn nicht sogar der einzige Verlag, wo das Cover fast immer exakt zur Geschichte passt. In diesem Fall ist auf dem Cover das Eidersperrwerk in der Abenddämmerung abgebildet. Daher von mir volle Punktzahl für das schöne und passende Outfit.

In diesem Band gibt es drei parallel verlaufende Erzählstränge. Da gibt es zum einen das Thema Organtransplantation und seine Auswirkungen auf den Empfänger, dann den Skandal um die Mitarbeiterüberwachung bei einer Lebensmittelkette namens LIBO (ein Schelm, wer Böses dabei denkt und eine Beziehung zu einer namentlich ähnlich klingenden Kette herstellt) und letztlich noch die Morde, wo übel zugerichtete Frauenleichen in Kirchen abgelegt werden. Aber wie und wo steckt hier die Verbindung?

Kommissar Jan Swensen kommt ursprünglich aus Husum. Doch nun ist er zu seiner Freundin Anna nach Witzwort gezogen. Witzwort ist eine Gemeinde im Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein. Swensen fällt es nicht gerade leicht, sich an ein neues Umfeld zu gewöhnen. Doch schon bald hat er keine Zeit mehr darüber nachzudenken, weil er in einem Mordfall ermitteln muss. Eine junge Frau wird ermordet in einer Kirche aufgefunden. Leider bleibt es nicht bei diesem einen Mordfall. Ein Serientäter scheint am Werk zu sein und geht fast immer nach dem gleichen Prinzip vor. Erst nach einiger Zeit stellt die Polizei fest, dass zu viele der Opfer bei der gleichen Lebensmittelkette beschäftigt waren. Und all diese Opfer hatten sich kurz vor ihrem Tod dafür eingesetzt, einen Betriebsrat zu gründen.

Zur gleichen Zeit hat eine junge Frau namens Lisa Blau Visionen. Lisa ist Organempfängerin, und seit sie das neue Herz bekommen hat, stellt sie einige Veränderungen an sich fest. Sie ist plötzlich verrückt nach Cola, welche sie vor der Operation überhaupt nicht mochte. Außerdem träumt sie neuerdings sehr schlecht. In ihren Träumen taucht eine junge Frau auf, die vor etwas zu flüchten scheint. Diese Träume kehren immer wieder und enthüllen nach und nach immer mehr Details. Die Frau aus ihren Träumen scheint Lisa etwas mitteilen zu wollen …

Bei „Eidernebel“ handelt es sich bereits um den vierten Band aus der Reihe mit dem sympathischen Kommissar Jan Swensen. Für mich war es der Einstieg in die Reihe, da ich bis dato noch keinen Krimi von Wimmer Wilkenloh gelesen hatte. Diesen Einstieg hat mir der Autor sehr leicht gemacht, weil ich nicht das Gefühl hatte, etwas Wichtiges verpasst zu haben, um diesen Band eigenständig für sich lesen zu können. Allerdings hat er mich nun auch sehr neugierig darauf gemacht, zu erfahren, warum genau sein Protagonist so ist, wie er ist – etwas eigenbrötlerisch, sehr nachdenklich und in sich zurückgezogen. Fast schon als kontaktscheu möchte ich ihn beschreiben, obwohl er seiner Freundin Anna zuliebe ja auch dem örtlichen Boßelverein beitritt. Ich vermute allerdings eher aus Angst, Anna zu verlieren, sollte er sich noch weiter zurückziehen. Überraschenderweise gefällt ihm dieser Verein aber gar nicht mal so schlecht und auch mit den Leuten wird er schnell warm. Jan Swensen braucht anscheinend nur einfach immer mal einen kleinen Tritt in den Hintern, um zu merken, dass außer ihm noch andere Leute auf der Welt leben. Es macht ihn zwar sympathisch, aber ich war beim Lesen immer hin- und hergerissen, ihn entweder in den Arm zu nehmen und zu trösten oder hatte das Bedürfnis, ihm diesen besagten Tritt zu verpassen. Mit dem Kommissar hat Wimmer Wilkenloh bei mir also schon mal voll ins Schwarze getroffen.

Schön finde ich, dass der Autor viel Wert auf Lokalkolorit gelegt hat. Anhand seiner Beschreibungen wird schnell klar, dass Wilkenloh in Schleswig-Holstein aufgewachsen ist. Er legt viel Wert auf die regionalen Traditionen und bringt sie dem Leser interessant beschrieben näher. Er widmet sich zum Beispiel dem Thema Boßeln oder auch dem traditionellen nordfriesische Volksfest Biikebrennen, das vergleichbar ist mit unserem Osterfeuer.

Gewöhnungsbedürftig für mich war allerdings die Entwicklung der Transplantationsgeschichte. Der Autor weist bereits in seinem Vorwort darauf hin, dass einige Leser geneigt sein könnten, den Roman in das Genre Mystery einzuordnen und versucht, die Vorurteile mit einer Erklärung zu widerlegen. So schreibt er: „Seit einigen Jahren treten im Zusammenhang mit der Transplantationsmedizin zunehmend Phänomene auf, die transplantierte Organe nicht nur als ein Stück Fleisch erscheinen lassen. Den Organen scheint eine Erinnerungsfähigkeit innezuwohnen, die bis dahin nur dem Gehirn zugeschrieben wurde. Besonders Organempfänger von Herzen haben nach ihren Operationen von Veränderungen ihrer Persönlichkeit berichtet, die auf den Spender hindeuten.“

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es vorkommt, dass der Organempfänger vielleicht einige Eigenschaften des Spenders übernimmt, wie z. B. in diesem Fall, die Vorliebe für ein bestimmtes Getränk, was vorher nicht seinem Geschmack entsprach. Aber die Vorstellung, dass z. B. die letzten Sekunden des Lebens vom Spender oder das zuletzt Gesehene auf den Empfänger projiziert werden, erscheint mir dann doch etwas weit hergeholt.

Sehr gut gefallen hat mir, dass der Autor mich, was den Mörder angeht, auf die falsche Fährte geschickt hat. Ich habe mir zwar die ganze Zeit selber gesagt, dass das zu einfach wäre, aber habe den Verdacht trotzdem nicht verwerfen können. Die Auflösung hat mich nicht sehr überrascht, mir aber doch gezeigt, dass ich auf dem Holzweg war. Durch die vielen Handlungsstränge ging die Spannung zwar nicht verloren, wurde aber oft unterbrochen. Dies wurde aber durch den Mix der aktuellen Themen wieder wettgemacht. Für mich war „Eidernebel“ eindeutig ein Krimi, in dem ich mich „zu Hause“ gefühlt habe und deswegen vergebe ich auch sehr gerne fünf Sterne. Empfehlen kann ich nicht nur das Buch, sondern auch die Homepage des Autors: [URL] www.wimmer-wilkenloh.de [/URL]

:*****:

Reihenfolge der Jan Swensen Reihe:

1. Hätschelkind (2005)
2. Feuermal (2006)
3. Poppenspäl (2009)
4. Eidernebel (2011)

Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig.

Ernst Reinhold Hauschka

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